Ein Chow auf den Weg in den Norden
von Ulrike Hoffmann
“Hallo Frau Hoffmann,
Was ist denn eigentlich aus dieser Hündin geworden? Wollten Sie nicht mit Ihrer Kontaktperson hier sprechen? Sucht sie noch eine Ausreisemöglichkeit?“
Diese Mail traf mich mitten ins Herz.
Nein, es wurde keine Flugpatenschaft mehr benötigt. Zwei Tage vor Übernahme durch die Chows in Not, wurde
Kyra in der Perrera in Südspanien getötet. Wir waren so nahe dran, hatten aber keinen Einfluss darauf, dass Kyra weiter leben durfte. Sie und weitere 32 Hunde wurden „entsorgt“.
Dies und meinen ganzen Kummer darüber, schrieb ich Frau G. nach Südspanien.
Es dauerte ein paar Tage bis ich Antwort erhielt
„Hallo Frau Hoffmann, Es ist wirklich schlimm, was ich gehört habe. Sie haben auf einen Streich 33 Hunde eingeschläfert, auch solche, die noch gar nicht “dran”
waren. Es sind zwei Chow Chows dabei gewesen. Allerdings ist eine weitere junge Chowhündin noch dort Aber die einzige Möglichkeit, einen Hund zu retten, besteht darin, ihn dort herauszukaufen. Würden Sie diesen Betrag übernehmen?“
Das stand außer Frage. Selbstverständlich werden die Kosten übernommen.
Nur: Wie würde man ohne selber vor Ort zu sein, den Hund nach Deutschland bekommen?
Wer oder wie kann man den Hund da herausholen?
Wäre es möglich, gegen Kostenerstattung den Hund in Spanien in einer Pension oder Pflegestelle zu geben?
“Hallo Frau Hoffmann,
Ja, das wäre die einzige Möglichkeit, dass einer von uns die Hündin dort abholt, das Geld vorstreckt und die Hündin entweder zu uns ins Tierheim oder aber in eine Hundepension bringt. Wir haben Hunde überall, auch da, wo eigentlich keine sein sollen, wie z.B. im Tierarztzimmer, in den Eingangsschleusen, in unserem Aufenthaltsraum sitzen allein 10 kleine Hunde, so dass man kaum treten kann. Wenn die Unterbringung in einer Pension gelaufen ist, müsste man die Chowhündin reisefertig machen und sie mit dem nächsten passenden Flugpaten nach Deutschland schicken.
Welches wäre denn der beste Flughafen?“
Ein Lichtschimmer. Schnell wurde mit Rotraut alles abgeklärt. Ja, wir strecken das Geld vor.
„Hallo Frau Hoffmann,
Ja, gut. Montagmorgen könnte ich mit jemandem hinfahren.“
Es war Freitagabend und die Zeit bis Montag zog sich endlos hin.
Ungeduldig warte ich auf weitere Infos. Aber wie sagt Rotraut oft zu mir „Geduld ist das oberste Gebot im Tierschutz“.
Endlich – es war Montagvormittag – höre ich ungeduldig auf Nachricht von Frau G. wartend, dass sie nun in Richtung Perrera fahren würde. Sobald sie wieder zurück sei, bekäme ich sofort eine Nachricht.
„Hallo Frau Hoffmann,
Wir haben die Hündin. Wir haben sie gleich zum Hundefriseur gebracht.
Ihr Fell war in einem unbeschreiblichen Zustand, lauter Filzplatten. In diesem Zustand kam sie schon in die Tötung. Sie muss geschoren werden, es gibt keine andere Möglichkeit.
Ihr Name ist Rubí und sie ist im März 2009 geboren.“
Plumps – es fielen Berge von Steinen nicht nur von meinem Herzen.
Rubi hieß sie? Eigentlich ein schöner Name, auf den die Hündin jedoch nicht hörte. Sie sollte den Namen „Susa“ tragen. Susa hatte uns ja den Erstkontakt in die Perrera vor einigen Wochen hergestellt und Susa war auch sofort einverstanden, dass diese Hündin ihren Namen bekommen sollte.
Neues Leben – neuer Name und so wurde aus Rubi „Susa“.
Am liebsten hätte ich täglich etwas von Susa gehört. Dass das nicht möglich war, war klar. Frau G. leitet ein Tierheim vor Ort und hat andere Sorgen, als mir tägliche Infos über einen von vielen Notfällen zu geben. Um so mehr freute ich mich, wenn ich ihre Mailadresse in meinem Postfach sah.
“Hallo Frau Hoffmann,
Vorgestern habe ich mit der Pflegerin gesprochen. Die Hündin ist soweit ganz brav, ein bisschen autistisch, meinte sie. Diesen Eindruck hatte ich auch. Aber ich kenne sie ja kaum. Viel Ansprache hat sie sicher nicht gehabt. Dem Zustand ihres Fells nach war sie bestimmt ein Jahr lang nicht gebürstet worden.
Sie hat enormen Hunger, sagt ihre Pflegerin. Aber nun darf Susa fressen, so viel wie sie will.
Wir müssen sie noch impfen und chippen lassen, damit sie ausfliegen kann“.
Der Flugtermin stand fest. Susa sollte Mitte August nach Deutschland ausgeflogen werden. Als Zielflughafen war Köln/Bonn perfekt. Von da aus konnte sie Rotraut relativ einfach abholen.
Überraschend war nur die Uhrzeit der Landung. Die Maschine war zur Landung um 1:35 Uhr avisiert worden.
Ein paar Tage später kamen die ersten Fotos. Sie zeigten eine traumhaft schöne, wenn auch bis auf den Kopf total abgeschorene, und ziemlich magere rote Hündin. Auf den Fotos konnte man erkennen, dass sie keine Angst vor Menschen hat. Das war schon mal ein sehr großer Pluspunkt.
Und dann wurde es tatsächlich ernst. Susas Ausreise rückte näher.
„Hallo Frau Hoffmann,
Da in der Tötung gleich drei Chowhündinnen einsaßen, vermuten wir einen Züchter bei uns in der Nähe, der seine Hunde auf die Art und Weise entsorgt. Denn diese hohe Zahl an Chows ist mehr als merkwürdig.
Wichtig: Ich will morgen Vormittag die Pässe von Rubi/Susa und einem weiteren Hund, zum Amtsveterinär bringen. (Traces) Wen schreibe ich als Besitzer in den Pass? Von der Person brauche ich alle Angaben, Adresse, Telefon und Kopien des Reisepasses..“
Dank hochauflösender Scanner hatte Frau G. innerhalb der nächsten Minuten via Mail Kopien meines Passes in Südspanien vorliegen.
Ab diesem Augenblick war ich Eigentümer von 3 Hunden: Rusty, Smilla und “meine” Susa”.
Susa landete pünktlich in Köln/Bonn und wurde von Rotraut und ihrem Mann abgeholt.
Die erste Nacht verlief völlig problemlos und am anderen Tag hatte ich schon Fotos von einer total entspannten Susa und den beiden Chow-Rüden, die bei Rotraut leben, in der Mail.
Die Maus wird nächste Woche dem Tierarzt vorgestellt und alles weitere abgeklärt.
Und so wie es aussieht, hat Susa schon Interessenten, die ihr all das geben möchten, was eine Chow-Chow-Dame zum Leben braucht.
Ich für mich hoffe, dass ich aus der Ferne weiter an ihrem Leben teilhaben darf.
Und “JA” dafür ist es Wert im Tierschutz zu arbeiten!
Mein ganz besonderer Dank gilt Frau G. ohne sie hätte Susa keine Chance gehabt.