Von Frau Dr. Astrid Wehner, Fachärztin für Innere Medizin der Kleintiere
Frau Dr. Wehner, LMU, München
Der Hund, sowie alle anderen Säugetiere, produziert in kleinen Mengen natürliches Cortison. Dieses Cortison ist absolut lebensnotwendig. Es wird von den Nebennieren hergestellt, die den Nieren benachbart liegen. Diese Organe bilden in ihrer Rindenschicht neben dem Cortison (Glukokortikoide) auch sogenannte Mineralokortikoide (Aldosteron) und geben diese Hormone an das Blut ab. Beide Hormone sind für das Überleben zwingend notwendig.
Cortison wird benötigt, um jederzeit, auch in Phasen des Fastens, Energie bereitzustellen. Es hat Auswirkungen auf den Appetit und auf das Immunsystem. Die Mineralokortikoide regeln den Salz- und Flüssigkeitshaushalt des Körpers. Morbus Addison ist eine Erkrankung, bei der die Nebennieren zu wenig Glukokortikoide und zu wenig Mineralokortikoide produzieren.
Die häufigste Ursache für Morbus Addison ist die Zerstörung der Nebennieren durch das körpereigene Immunsystem. Dies passiert, wenn das Immunsystem die Nebennieren fälschlicherweise als fremd erkennt. In der Absicht, einen
Eindringling unschädlich zu machen, richten sich die Abwehrzellen des Körpers gegen diese lebenswichtigen Organe und töten sie ab. Nur sehr selten ist ein Tumor für den Zelluntergang verantwortlich.
Es gibt unterschiedliche Formen von Morbus Addison:
Spontaner Morbus Addison:
Bei dieser Autoimmunerkrankung zerstört der Körper die Nebennierenrinde. Hier muss zwingend mit Glukokortikoiden und Mineralokortikoiden (Cortison und Fludrocortison) behandelt werden, da immer beide Hormone im Körper fehlen.
Iatrogener Morbus Addison:
Dieses Krankheitsbild kann in seltenen Fällen entstehen, wenn ein Patient zuerst an einem Cushing-Syndrom gelitten hat und dagegen behandelt wurde. Zur Behandlung eines Cushing-Syndrom werden Medikamente eingesetzt, die entweder die äußere Nebennierenrindenschicht hemmen oder teilweise abtöten. Wenn zu hohe Medikamentendosen verabreicht werden oder die Nebennieren sehr empfindlich auf die Medikation reagieren, kann es zu einer Cortison-Unterversorgung des Körpers kommen. Bei dieser Erkrankung bleibt die Schicht, die die Mineralokortikoide bildet, jedoch geschont. Daher wird mit Cortison behandelt, jedoch nicht mit Fludrocortison. Der iatrogene Morbus Addison kann zeitlich begrenzt sein, wenn sich die Nebennieren wieder erholen oder lebenslang bestehen bleiben, wenn die Schädigung zu stark war.
Am häufigsten vom Morbus Addison sind jüngere bis mittelalte, weibliche Hunde betroffen. Es können jedoch Hunde aller Rassen, beider Geschlechter und jeden Alters erkranken.
In den meisten Fällen merken die Besitzer, dass mit ihrem Hund „etwas nicht stimmt“ Die Symptome können sehr wechselhaft sein, wieder verschwinden und wieder auftreten. Meist wird es tierärztlich schlicht verpasst, auf einen Morbus Addison zu untersuchen.
In der Regel ist der spontane Morbus Addison eine schleichende Erkrankung, bei der es über viele Monate zu einer fortschreitenden Zerstörung der Nebenniere kommt. Oftmals werden schon früh Symptome beobachtet. Diese können allerdings einen sehr wechselhaften Verlauf nehmen – sie können schwächer werden, völlig verschwinden und dann wieder ganz deutlich auftreten, wenn die Nebennieren fast kein Cortison mehr produzieren können. Beim iatrogenen Addison ist das anderes – hier ist das Krankheitsbild ganz akut.
Symptome können sein:
Appetitverlust, starke Mattigkeit, Erbrechen (auch blutig), Durchfall, Gewichtsverlust, Muskelschwäche - hauptsächlich in den Hinterbeinen, Zittern. Auch ein verstärktes Trinkverhalten und eine vermehrte Urinbildung können auftreten.
Sollte der Hund in eine Addison-Krise fallen, wird dies durch einen plötzlichen Kreislaufkollaps hervorgerufen.
Bei der Addison-Krise zeigt der Hund folgende Symptome:
Apathie, Appetitlosigkeit, starke Schwäche - bis hin zum Kreislaufkollaps, und Austrocknung (was sich durch trockene und klebrige Schleimhäute zeigt; eine gezogene Hautfalte bleibt stehen, anstatt zu verstreichen).
Lebensbedrohlich sind bei der Addison-Krise Herzrhythmusstörungen und ein Blutdruckabfall.
Ein Hund, bei dem der Verdacht auf eine Addison-Krise besteht, muss sofort in tierärztliche Behandlung!
Oftmals werden Blut und Harn untersucht, geröntgt, ein Ultraschall und EKG durchgeführt. Die Diagnose wird letztendlich mit dem ACTH-Stimulationstest abgesichert.
Hinweisende Veränderungen im Blut sind:
- Das Fehlen eines sog. Stressblutbildes obwohl der Hund krank ist (es besteht eine Lymphozytose)
- Eine Erhöhung der eosinophilen weißen Blutzellen (Eosinophilie)
- Eine Unterzuckerung (Hypoglykämie)
- Eine Erhöhung der Nierenwerte (Kreatinin und Harnstoff)
- Ein Absinken des Natriumspiegels und ein Anstieg des Körper-Kaliums
Besonders der Anstieg des Kaliums ist gefährlich, da dies zu Herzrhythmusstörungen führen kann. Dabei ist die Höhe des Kaliums nicht ausschlaggebend – manche Hunde entwickeln schon früh Herzrhythmusstörungen – andere gar nicht.
Die Behandlung erfordert eine lebenslange Tablettengabe. Hierbei werden die fehlenden Hormone (Glukokortikoide und Mineralokortikoide) zugeführt. Bis die - für das individuelle Tier - richtige Dosierung der Medikamente gefunden ist, dauert es eine Weile. Gerade am Anfang müssen immer wieder Blutuntersuchungen gemacht werden. Die Dosierung wird dann entsprechend angepasst.
Ist der Hund eingestellt, kann er ein langes und glückliches Leben führen. Um dies zu gewährleisten, muss man seinen Anteil dazu beitragen. Man muss gewillt sein, die nicht ganz günstigen Medikamente ein Leben lang zu bezahlen und darauf achten, dass die Medikamente regelmäßig gegeben werden. Zusätzlich ist wichtig zu wissen, dass in besonderen Situationen (starke Anstrengung, Stress) unter Umständen eine höhere Dosis an Glukokortikoiden notwendig sein kann. Jedes Tier reagiert hier individuell und es bedarf einiger Zeit, bis man solche Situationen richtig einschätzen kann.
Es besteht die Möglichkeit, dass der Morbus Addison bei den Chow Chow’s einer Rassedisposition unterliegt. Sollten Sie einen Chow Chow besitzen, der anhand des ACTH-Stimulationstests sicher an Morbus Addison erkrankt ist, setzten Sie sich bitte mit Frau Dr. Astrid Wehner in Verbindung, damit diese Daten gesammelt werden können. Gegebenfalls müssten Überlegungen angestellt werden, wie man diese Rasse vor dem Krankheitsbild schützen kann.
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Frau Dr. Wehner, LMU, München