Chow - Bolle


 

Bolle


Ein Weihnachts-Chow

Von Rotraut Ueding

Die Aufregung um den Fundhund Bolle war mehr als groß. Denn niemand konnte verstehen, dass man einen alten und nahezu blinden Chow auf die Straße setzen konnte ohne sein Verschwinden bei den zuständigen Behörden anzuzeigen. Wir hatten ihn ja schnell entschlossen aufgenommen. Hatten ihn dem Tierarzt vorgestellt, seine entzündeten Augen versorgt und vor allem dann per Operation zwei vereiterte Zähne gezogen und den Rest saniert. Alles lief wie es sollte, Bolle lebte sich gut ein machte keinerlei Probleme. Bis sich dann eines Tages eine junge Frau meldete die mir mitteilte: Ich kenne diesen Hund (Bolle), das ist der Chow meines Onkels. Als ich nachfrage höre ich wieder einmal eine Geschichte, die nachdenklich macht.

Die junge Frau hatte unseren Aufruf samt Foto auf der Internetseite gesehen, hatte sofort diesen Fundhund erkannt und den Besitzer, ihren Onkel, angerufen. Aber es ging niemand ans Telefon. Nach einem Anruf bei einer Cousine hörte sie, der Onkel liege schwer erkrankt auf der Intensivstation des Krankenhauses. Der Hund sei so lange bei Freunden untergekommen. Nun rief man diese Freunde an und bekam zu hören: Nein, der Hund ist nicht mehr hier, der ist vor zwei Tagen entlaufen Diese Aussage aber konnte so nicht stimmen, denn Bolle saß ja nicht erst seit zwei Tagen, sondern schon seit drei Wochen bei uns auf der Pflegestelle. Aber diese Freunde blieben bei ihrer Aussage und stur bei ihrer Behauptung. Warum man nicht nach ihm gesucht hat, warum man nicht die Polizei oder das Tierheim benachrichtigt habe, darüber wollten sie keine Auskunft geben.

Wieder kann man nur resignierend den Spruch eines klugen Mannes zitieren: Ich fürchte nichts und niemanden, außer der Dummheit meiner Mitmenschen! Leider aber stellte sich im weiteren Gespräch mit der jungen Frau heraus, dass der Besitzer aufgrund seiner Erkrankung wohl nie wieder für seinen Hund wird sorgen können. Ist er doch selbst auf Hilfe angewiesen. Wir wurden auch gleich gebeten, uns weiter um den Hund zu kümmern.

Interessant aber ist die Vorgeschichte die man über Bolle zu berichten hatte.
Denn Bolle wurde als Welpe, geboren in den Niederlanden, an einen deutschen Herrn verkauft. Dieser wanderte nach einigen Jahren samt seinen Chows nach Spanien aus. Als er verstarb erbte der Sohn unseren Bolle und brachte den Chow nach Deutschland zurück. Dieser Sohn aber konnte ihn nicht behalten und vermittelte ihn an den uns bekannten Onkel.
Aber wieder hatte Bolle Pech und musste weiter, nachdem dieser Besitzer nun schwer erkrankt ist. Wieder hatte Bolle sein Zuhause verloren

Seit dem Wochenende haben wir nun eine Tierübereignung in Händen. Die Rechtslage ist geklärt und Bolle ganz offiziell Eigentum der Nothilfe für Polarhunde. Denn zurück kann unser alter Chow nicht und ihn ins Tierheim abgeben, wäre in Anbetracht seines hohen Alters sein Tod. Denn Bolle ist am 24. September 1999 geboren und jetzt ist in seinem 13. Lebensjahr!
Da er sich gut eingelebt hat, sich im Haus und auf den ihm bekannten Wegen gut zurecht findet, er sogar gelernt hat die Hundeluke zu benutzen und so selbständig seinen Weg in den Garten findet, werden wir den alten Chow in Dauerpflege nehmen. Hier soll seine letzte Station sein, hier darf er bleiben und seine Tage beschließen.


Fotos von Rotraut Ueding