Unser Igel

oder: Die etwas längere Igel Geschichte

Die Begeisterung von Pädda hielt sich sehr in Grenzen, als ich letzten Herbst freudestrahlend mit einem neuen Igelhaus nach Hause kam.
“Nein, keine Sorge! Das ist kein zweites Igelhaus. Es ist ein Futterhaus für den Igel.”
Seinen fragenden Blick sah ich nicht, sondern hörte nur den tiefen Stoßseufzer:
“Aber der Igel bleibt draußen!!”

Oh ja!! Und wie der Igel im Garten bleiben muss!!
Nur zu gut konnte ich mich an das Flohdrama im Herbst 2021 erinnern.
An einem noch viel zu warmen Novembertag sammelte ich ein Igelkind auf.
Es füllte nicht mal meine beiden Hände aus, so klein war es.
Dem Igelchen musste geholfen werden. Die Igelnothilfe war hoffnungslos überfüllt und ich wurde gebeten, dem kleinen Kerle selbst ein Winterquartier zu geben. Pädda willigte für ein Winterquartier im Keller ein.
Leider war das Igelchen zu schwach oder krank. Es verstarb sehr schnell.
Zurück lies es Flöhe, die sich auf Fiete breit machten.
Weniger gut. Wer einmal Flöhe im Haus hatte, weiß wovon ich spreche.

Nachdem unser Garten zum Leidwesen mancher Nachbarn und zur Freude von uns und anderen Anwohnern, ein reiner Wildwuchs ist, sind hier öfters Igel auf der Durchreise.
Das ich im Herbst 2022 ein Igel entschloss, ein lang leerstehendes Igelhaus zu beziehen, freute mich sehr.
Pädda meinte, dass es kein Wunder wäre. Er als Igel würde auch in das Igelhaus einziehen. Dieses steht in einer ruhigen Ecke und ist gut mit trockenem Laub ausgepolstert.
Meine Nachtkamera hatte jedoch selten den Igel auf dem Chip. Eher Nachbars Katze.
Schnell wurde in einer FB Igelgruppe der Rat erteilt, dass man ein separates Futterhaus bereits stellen solle, damit die Katzen nicht an das Futter kämen.
Gesagt, getan. Und so stand ich mit dem Futterhaus im Garten und stellte es gleich neben dem bezogene Igelwohnhaus ab.

Rat für die Überwinterung holte ich mir in einer FB-Igel Experten Gruppe:
Wiegen, entflohen, Zecken entfernen, Kot auf Parasiten, Haut auf Pilze untersuchen lassen, füttern, überwachen, gegebenenfalls im Keller überwintern, sonst: Igel tot.

Öhm … Nein.
Auch wenn der Gedanke nahe lag, ohne diese Experten Ratschläge zu folgen, müsse das Igelchen um sein Leben bangen.
Nein, ich befolgte keinen dieser Ratschläge. (Ein mulmiges Gefühl hatte ich aber schon).
Die Fotos der Nachtkamera zeigten mir einen gesunden Igel. Klar, innen rein schauen konnte ich nicht.
Und der Output sah für mich “gut” aus (als Hundemensch hat man schon in einigen anderen Hinterlassenschaften herumgestochert)

Anfang Dezember lief mein Igelchen immer noch ins Futterhaus um sich seinen Bauch vollzuschlagen.
In der FB-Igel-Experten Gruppe las ich unterdessen, dass die Igel schon in ihrem Winterschlaf sein müssten.
Sollte ich nicht doch meinen Vorsatz über Board werfen und ihn im Keller überwintern lassen?

Die FB-Igel Experten rieten mir dringend:
Wiegen, entflohen, Zecken entfernen, Kot auf Parasiten, Haut auf Pilze untersuchen lassen, füttern, überwachen, gegebenenfalls im Keller überwintern, sonst: Igel tot.

Nein, ich hatte ihn nicht auf unsere Küchenwaage gesetzt und nein, er wurde auch nicht entfloht noch sonstiges.
Meine Nachtkamera zeigte mir einen völlig normal aussehenden Igel, der im Dezember noch unterwegs war.
Hin und her gerissen überlegte ich was zu tun ist.
“Igor” wie das Igelchen nun genannt wurde, nahm mir die Entscheidung ab.
Er kam nicht mehr ins Futterhaus. Das Futter blieb unberührt.
Ich konnte nur hoffen, dass er es sich im Schlaf/Wohnhaus gemütlich gemacht hat um seinen Winterschlaf zu halten.

Es wurde März und in der FB Igelgruppe wurden die ersten Igelchen wach.
Gesund, jedoch um einiges leichter, äugten sie ins neue Jahr.
Von “Igor” war nichts zu sehen. Sein Futter blieb unberührt.
Sollte ich das Schlafhaus öffnen? Vielleicht brauchte er dringend meine Hilfe?
Auch hier nahm mir “Igor” die Entscheidung ab.
Mitte April war morgens der Igel-Fressnapf leer.
Die aufgestellte Nachtkamera bestätigte: “Igor” war wach.

Als ich vor Freude ein Foto den FB Experten zeigte, rieten sie mir:
Er läuft “hochbeinig” und ich solle dringend,
wiegen, entflohen, Zecken entfernen, Kot auf Parasiten, Haut auf Pilze untersuchen lassen, füttern, sonst: Igel tot.

Internet Experten können einen kirre machen!!!
In einem sehr ausführlichen Telefonat mit der Igelhilfe und einem wunderbaren Austausch mit dem “Bund Naturschutz” wurde mir mein ganzer Zweifel genommen.
Es war alles komplett richtig, wie ich gehandelt habe.
Igel sind Wildtiere und dürfen nur “entnommen werden” (seltsamer Ausdruck) wenn sie verletzt/krank sind und dringend Hilfe benötigen.
“Igor” soll bis Mitte Mai weiter gefüttert werden, damit er zu Kräften kommt. Danach das Futter reduziert, da er dann selbst für sich sorgen kann. Ich muss nicht traurig sein, wenn der Igel für längere Zeit nicht in sein Schlafhaus zurück kommt. Er ist dann anderweitig unterwegs. Er wird aber wieder zurück kommen, da Igel Standort treu sind. Vielleicht ist es auch ein Mädchen und dann könnten wir mit Nachwuchs rechnen.
(den letzten Satz weiß Pädda nicht)

Mein letztes Igor-Fotos, das ich den FB Igelexperten zeigte, wurde kommentiert mit:
(nein … dieses mal nicht 🙂 sondern: 🙂
“Der Igel ist zu dick. Das geht auf die Gelenke!”.
Meine Antwort, dass ich da Futter ausschleiche wurde kommentiert mit:
“Man darf doch den Igel nicht hungern lassen!”

So wie ich daraufhin die FB-Gruppe verlassen habe, hat sich Igor auf den Weg gemacht.
Ab und an ist seine Futterschüssel morgens leer.
Aber meistens freuen sich nun die Katzen über einen zusätzlichen Happen, den sie hier im Garten vorfinden.

Zu “Igor”
Der Stachler ist unheimlich scheu. Fotografieren ist nicht ganz so sein Ding. “Rotlicht” stört ihn nicht. Zwar sehe ich ihn wie er schmatzend sein Futter vertilgt, fototechnisch geht da leider nichts.
Meine Nachtkamera ist auch nicht die Beste und wenn “Igor” nicht genau im richtigen Winkel läuft, sind die Aufnahmen für die Tonne.
Was ich nicht wusste: Igel “knattern”. Wenn er sich gestört fühlt, dann kommen Laute, die sich “knatterich” anhören.
Und – Igel sind reine Fleischfresser. Ein toter Vogel, den ich bewusst im Garten liegen lies, war morgens nur noch ein Gerippe. (Nachtkamera war Zeuge über die nächtliche Fressorgie).
Ich freue mich sehr, dass der Stachler gut über den Winter gekommen ist und wünsche ihm, im wahrsten Sinne der Worte: “Komme nicht unter die Räder!!!”

Nussknacker und Mäusekönig

Weihnachten im Schnee

Weihnachtsmärchen von E.T.A. Hoffmann (1776-1822)

Am vierundzwanzigsten Dezember durften die Kinder des Medizinalrats Stahlbaum den ganzen Tag über durchaus nicht in die Mittelstube hinein, viel weniger in das daran stoßende Prunkzimmer. In einem Winkel des Hinterstübchens zusammengekauert saßen Fritz und Marie, die tiefe Abenddämmerung war eingebrochen, und es wurde ihnen recht schaurig zumute, als man, wie es gewöhnlich an dem Tage geschah, kein Licht hereinbrachte. Fritz entdeckte ganz insgeheim wispernd der jüngeren Schwester (sie war eben erst sieben Jahre alt geworden), wie er schon seit frühmorgens es habe in den verschlossenen Stuben rauschen und rasseln und leise pochen hören. Auch sei nicht längst ein kleiner dunkler Mann mit einem großen Kasten unter dem Arm über den Flur geschlichen, er wisse aber wohl, dass es niemand anders gewesen als Pate Drosselmeier. Da schlug Marie die keinen Händchen vor Freude zusammen und rief: Weiterlesen

Die Adventskerze

ChristbaumkugelEs war Vorweihnachtszeit und bei vielen Menschen Tradition, ein Adventsgesteck oder einen Adventskranz zuhause aufzustellen.
Die, die es schlicht mochten, nahmen dafür eine dicke Kerze und legten etwas Tannengrün und ein paar Beeren des Waldes drumherum. Andere verzierten ihre Gestecke viel großzügiger und man sah große, wunderschöne Schleifen und Sterne, die beim Anzünden der Kerzen glitzerten und funkelten.

Immer häufiger lösten heute moderne LED-Kerzen die normalen und herkömmlichen Kerzen aus Wachs ab. Bei den LED-Kerzen gab es nur einen kleinen Schalter und schon brannte ein kleines künstliches Licht.

Es war der erste Adventssonntag.
Der Frühstückstisch war schön gedeckt und frische Brötchen standen auf dem Tisch. Ein wunderschöner Adventskranz aus duftendem Tannengrün mit vier dicken roten Kerzen und Schleifen stand genau in der Mitte des Tisches, wo sonst immer Butter, Aufschnitt und Marmelade standen.
Ein kleines rotes Deckchen mit aufgestickten goldenen Schleifen lag unter dem Adventskranz. Das diente nicht nur der Zierde, sondern man wusste ja nie, ob nicht doch mal etwas Wachs tropfte, oder die Tannennadeln zu schnell vertrockneten und anfingen zu rieseln.

Meine Mutter hatte mich und meinen Bruder geweckt. Mein Bruder, etwas älter als ich, guckte wie immer am Morgen völlig verschlafen in die Welt. Eigentlich hatte er weder Lust aufzustehen, noch gute Laune zu zeigen. Er war ein Morgenmuffel, der nach dem Aufstehen möglichst seine Ruhe haben wollte.

Ich, ein sechsjähriges Mädchen mit schulterlangen mittelbraunen Haaren dagegen war wach und innerhalb von Millisekunden ganz da und voller Tatendrang.
Es war doch Advent und heute durfte die erste Kerze angezündet werden. Schnell lief ich ins Bad, mehr als Katzenwäsche würde es heute aber nicht geben, und sprang die Treppe herunter, immer 2 Stufen auf einmal. Wie gut, dass mich keiner sah, denn spätestens das würde Ärger geben. Man hüpfte nicht die Treppe herunter, auch wenn die Haare dabei noch so schön wippten, man ging vorsichtig und das Stufe für Stufe.
Einer Sechsjährigen fiel das aber auch immer erst dann wieder ein, wenn sie unten angekommen war.

Ich lief in die Küche.
Eigentlich und an normalen Sonntagen wurde hier der Frühstückstisch gedeckt.
Es gab viele viele normale Sonntage, aber nur ganz wenige besondere Sonntage.
Bei einem Geburtstag, oder auf Ostern, das waren so besondere Sonntage, frühstückten wir im Esszimmer.
Allein daran, ob jetzt in der Küche oder im Esszimmer gefrühstückt wurde, konnte ich schon merken, ob ein besonderer Sonntag war, falls ich es vergessen hatte.
Heute war der Küchentisch leer.
Ich öffnete also die Tür zum Esszimmer und fand den ersten Adventsfrühstückstisch in diesem Jahr vor, was schon wieder etwas Besonderes war.
Ich war ja erst sechs und an so viele Adventsfrühstückstische in meinem Leben konnte ich mich noch nicht erinnern.

Meinen Platz, ich saß immer rechts von Papa, hatte ich schnell gefunden. Jeder wusste wo er hin sollte, was man an den unterschiedlichen Frühstücksbrettchen ausmachen konnte. Mein Bruder saß mir gegenüber und neben meiner Mutter. Wer diese Ordnung mal eingeführt hatte weiß ich nicht, aber wir fühlten uns wohl dabei. Wir Kinder hatten Brettchen mit Sesamstraßen-Motiven. Mein Bruder hatte Bert und ich Ernie. Die Erwachsenenbrettchen waren schlicht kariert, eins in rosa für Mama und eins in blau für Papa. Heute, zur Feier des Tages, standen für die Erwachsenen aber Teller aus Porzellan bereit.
Mein Ernie-Brettchen fand ich toll. Ich mochte den Ernie, der immer so witzig kicherte. Bert war oft so ernst und verdrehte die Augen, wenn Ernie Blödsinn gemacht hatte. Der passte viel besser zu meinem Bruder, der mir gegenüber auch öfters die Augen verdrehte, wenn ich etwas ausgeheckt hatte.
So setzte ich mich an meinen Platz und wartete da drauf, dass auch der Rest der Familie an den vorweihnachtlich gedeckten Tisch mit dem schönen Adventskranz und den extra dazu gelegten Weihnachtsservietten kam.
Mama holte noch kurz den heißen Kakao für uns Kinder und endlich waren wir alle beisammen.
Mama griff in ihre Schürze, die sie immer trug, wenn sie in der Küche gewerkelt hatte und beförderte ein kleines Streichholzkästchen aus einer der Taschen heraus.
Dieses kleine Streichholzkästchen wurden gehütet wie ein Augapfel.

Mein Vater hatte schon oft zu uns gesagt, wie gefährlich Feuer in Kinderhänden ist und dass es auch immer wieder Unfälle mit Bränden gegeben hatte. Heimlich und vor lauter Neugierde hatten die Kinder ein Streichholz angezündet und vor Schreck vor den zündelnden Flammen das Stäbchen fallen gelassen .

“Messer, Gabel, Schere, Licht taugt für Kinderhände nicht”. Dieser Spruch kam dann immer an der Stelle, wenn meine Mutter oder mein Vater das Streichholzkästchen zur Hand nahmen und an der ernsten Stimme und dem Blick, der uns dann festhielt, merkten wir Kinder, wie wichtig ihnen das war, dass wir Kinder verstanden, dass Feuer kein Spielzeug ist.

Mit großen Augen schaute ich zu meiner Mutter, die das Streichholzschächtelchen meinem Vater übergab. Der wiederum öffnete es, hielt kurz ein, drehte sich zu mir und sagte: “Willst du es heute mal versuchen?”

Auweia!
Ich, die Mutige, die gerade noch 2 Stufen auf einmal die Treppe runter gehüpft war, wurde ganz still. Ich schaute meinen Vater mit großen ängstlichen Augen an.
Mein Vater, der genau merkte, wie unsicher ich war, strich mir mit seiner warmen Hand über die Wange und sagte: “Du musst keine Angst haben, ich bin ja hier und helfe dir!”

Vorsichtig zog er die kleine graue Schachtel aus dem Streichholzkästchen, in dem sich die Hölzchen mit den roten Schwefelköpfen befanden und hielt es mir entgegen.
Noch zögernd griff ich hinein und nahm eines der kleinen Hölzchen heraus. Ich hielt mir das Hölzchen noch einmal vor die Augen, um es genau anzuschauen. So aus der Nähe hatte ich es vorher ja nie betrachten können. Eigentlich sah es ziemlich ungefährlich aus, aber ich wusste ja auch, dass es erst dann, wenn es brannte, gefährlich war.
Mein Vater hielt mir die Streichholzschachtel entgegen. “Da, an den Seiten, da musst du entlang streichen, damit es brennt und fass schön weit hinten an, sonst wird es schnell heiß an den Fingern.”
Schnell schaute ich noch zu meiner Mutter und zu meinem Bruder rüber, die mich freundlich anlächelten.
Mit einem “Ratsch” ließ ich das Hölzchen über die Zündfläche gleiten und mit einem kurzen Knistern erschien eine große Flamme, die zuerst blau aufleuchtete und dann ein klein wenig in sich zusammensackte, um dann in einem tiefen gelb weiter zu brennen.
Was ich noch nie vorher bemerkt hatte, es gab einen kleinen dunklen Tropfen in der Flamme, die sich nun vor meinen Augen ganz leicht bewegte.
“Aus!”
Mein Vater hatte das Streichholz ausgepustet. In meiner Faszination um die Flamme hatte ich gar nicht bemerkt, wie weit das Streichholz schon runtergebrannt war und hätte er nicht gepustet, hätte ich mir die Finger verbrannt.
Auf was man auch alles achten musste, wenn man so ein Streichholz entzündet.
“Wir nehmen noch eins und dann zündest du die erste Kerze an”, sagte er mein Vater zu mir.
Und so strich ich wieder mit einem neuen Zündhölzchen über das Kästchen und ganz vorsichtig, damit auch ja die Flamme nicht aus ging, zündete ich die erste der vier dicken roten Kerzen an.
Der lange Docht flackerte ein wenig, als die Kerze Feuer nahm, um dann in ein ruhiges warmes Licht überzugehen. Dieses Mal pustete ich selbst das Streichhölzchen aus.
Die Kerze tauchte das Esszimmer in ein warmes helles Licht, doch das Strahlen in meinem Gesicht über den Erfolg und sie anzünden zu dürfen, war heller.
Sogar mein Bruder, der ja eigentlich morgens eher muffelig war, freute sich mit mir.

Und so sah man vor vielen Jahren ein kleines sechsjähriges Mädchen behütet und noch lange im Kreis ihrer Familie am Adventsfrühstückstisch sitzen und eine dicke rote Kerze beobachten.
Ein klein wenig erwachsener war sie heute geworden und sie hatte Verantwortung übernehmen dürfen. Die Wärme und das Gefühl von Behaglichkeit, welches diese besondere Adventskerze, die sie hatte anzünden dürfen, verströmt hatte, nahm sie mit als Erinnerung in ihr Erwachsenenleben und auch heute, nach vielen Jahren, roch sie immer noch gerne den Schwefelduft des Hölzchens, der die erste dicke rote Adventswachskerze knisternd zum Brennen brachte.

A. Schmiemann

Kaamos

Weihnachtskugel

Es war kalt geworden am Polarkreis und es war die Zeit der Wintersonnenwende, wo die Sonne nicht mehr über den Horizont kommt.

Im Himmel herrschte große Aufregung. Petrus hatte doch bisher versäumt es schneien zu lassen.
Jetzt, wo die Zeit knapp wurde, hatte er alle Schneeflocken versammelt, die er finden konnte, um sie auf ihren Weg auf die Erde zu schicken.

Eine der kleinsten Schneeflocken wirbelte schon den ganzen Morgen aufgeregt herum.
Sie wollte doch endlich sehen, wie es jenseits des Himmels aussah und so hüpfte sie immer wieder zum Ausgang, doch bis auf einen Rest des Mondlichtes und das letzte Schimmern der Sterne, konnte sie nichts entdecken.

Petrus und seine Helfer polierten noch schnell die letzten Schneeflocken auf Hochglanz, sortierten alle schön nach ihrer Größe und schliffen eilig einige Kristalle nach.
Der erste Schnee sollte doch besonders schön ausfallen.

Endlich gab Petrus sein Kommando und huiiiiii sprangen die Schneeflocken in die Tiefe.

Hach war das eine Freude und die kleine Schneeflocke jauchzte. Sie wirbelte um ihre eigene Achse und sah entzückt zu allen Seiten.

Der Flug auf die Erde war kurz, da durfte man sich nichts entgehen lassen.

Zur gleichen Zeit hatte sich eine junge Hündin nieder gelegt.
Eine kleine Bodenkuhle hatte sie sich gesucht um ihre ersten Kinder zu bekommen.
Drei kleine Welpen lagen schon an ihrer Seite, kuschelten sich an ihr warmes Fell und nuckelten zufrieden an ihren Zitzen.

Doch eines fehlte noch.

Die junge Hündin war mittlerweile schon sehr erschöpft.
Die Geburt hatte Kraft gekostet und die Nacht war eisig kalt.
Etwas Wärme bekam sie von ihren Kleinen, aber ob das ausreichen würde, um sie auch noch ihr letztes Kind gebären zu lassen?
Wieder kam eine Wehe und sie schaute in den Himmel.

Die kleine Schneeflocke hatte zwischendurch ein paar Sturzflüge eingebaut, war sie doch einfach zu neugierig, was sie am Ende ihrer Reise erwarten würde.

Doch halt, was spürte sie denn da?
Ein Blick hatte sie gestreift. Schnell schwenkte sie in die Richtung.

Ein paar wunderschöne Augen schauten die Schneeflocke an.
Aber irgendetwas war nicht richtig; was wollten diese Augen ihr nur sagen?

Die Hündin war kurz davor aufzugeben. Sie hatte ja noch keine Erfahrung mit Geburten und ihre Kräfte waren fast aufgebraucht.

Mittlerweile war der Morgen angebrochen und ein Zipfel der Sonne war erschienen, aber wo blieb denn der Rest?
War denn schon Wintersonnenwende?
Sie brauchte doch die Wärme der Sonne, um noch bis zum Ende durchhalten zu können.
Sollte ihr das verwehrt bleiben?

Die kleine Schneeflocke war nun fast am Ende ihrer Reise.
Mit schnellen Wirbeln hatte sie es geschafft, immer näher an die Hündin heranzukommen.

Hilf mir, schien ihr Blick zu sagen.
Hilf mir, hörte sie es nun immer deutlicher, ich brauche die Wärme der Sonne, denn sonst wird mein Sohn nicht geboren werden.

Noch war die Verbindung zum Himmel nicht abgerissen, denn es fehlten einige wenige Meter, bis die Schneeflocke die Erde berührte.
Dann würde die kleine Schneeflocke nichts mehr tun können.
Nur der Himmel konnte hier noch helfen.

Auf einmal bildeten die Schneeflocken eine Kette, immer höher und höher, bis die letzte Schneeflocke, die gerade aus dem Ausgang im Himmel springen wollte, erreicht war und Stopp …

Die Hündin sah wieder in den Himmel.
Endlich, endlich ging die Sonne auf, auf die sie so dringend gewartet hatte.
Die Wärme gab ihr die Energie, die gefehlt hatte und mit letzter Kraft, schob sie ihr Kind aus ihrem Leib.

Strahlend weiß war ihr Sohn, so wie der schönste erste Schnee und als sie ihm ins Gesicht schaute, öffnete er ganz kurz seine azurblauen Augen, die ihr wie wunderschöne klare Eiskristalle entgegen funkelten.

Kaamos sollst du heißen, sagte sie zu dem Kleinen, mystischer Winter, denn wann hat man mal erlebt, dass die Sonne zur Wintersonnenwende doch aufgeht?

Und zufrieden kuschelte sie sich mit ihren Kindern noch ein wenig tiefer in ihre Bodenkuhle und leckte sich einen kleinen Wassertropfen von der Nase.

A. Schmiemann

Die erste Adventskerze

Weihnachten

Die Vorweihnachtszeit hatte begonnen und wie es bei vielen Menschen Tradition war, standen überall Adventsgestecke auf dem Tisch.

Auch bei Minos und Fly, 2 Hunden, die in einer Familie im Münsterland wohnten, stand ein Gesteck aus Tannengrün und Weihnachtsschmuck und 4 Kerzen auf dem Esszimmertisch.

Die beiden Hunde freuten sich schon auf die Sonntage, wo immer eine Kerze mehr angezündet wurde, denn dann gab es leckere Weihnachtsplätzchen. Auch für sie fiel immer mal wieder ein Plätzchen ab, was diese Zeit im Jahr zu einer der schönsten Zeit machte.

Dieses Jahr gab es auf dem Gesteck cremefarbene Kerzen, die wie eine Pyramide nach oben verliefen. Die erste Kerze war dabei die größte von allen, musste sie doch auch am längsten durchhalten und brennen. Sie bekam dafür aber auch die ganze Vorweihnachtszeit mit, bis sie am letzten Abend, dem Heiligen Abend, zum letzten Mal brannte. Dann sollte sie ein wunderschöner Weihnachtsbaum ablösen.

Immer schon hatte sich die Kerze gewünscht, diesen Augenblick miterleben zu dürfen, doch trotz all der Länge, die sie mitbekommen hatte, reichte ihre Brenndauer nicht aus. Sie erlosch, bevor der Weihnachtsbaum entzündet wurde. Das machte die Kerze sehr traurig und immer wenn sie daran dachte, perlte ein wenig Wachs an ihrer Seite herunter.

Sie brauchte Hilfe, das stand eindeutig fest.
Jetzt wäre die Weihnachtszeit nicht Weihnachtszeit, wenn hier nicht manch ein Wunder geschieht.
So geschah es, dass die Kerze eines abends, dem dritten Advent, ihre Bitte den beiden Haushunden zutrug. Ja, ihr habt richtig gehört, die Kerze bekam eine Stimme. Weiterlesen